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DAS BRAUNE ERBE

Der Antifaschismus in der DDR

© 2007

Erstausstrahlung am 13.12.2007 / rbb

Antifaschismus in der DDR – ein Mythos? Weite Teile der ostdeutschen Bevölkerung glauben bis heute, trotz aller Kritik am Arbeiter- und Bauernstaat, an einen ehrlichen Antifaschismus, der ihr Leben – das Leben in DDR prägte. Eine konsequente Verfolgung der Täter des nationalsozialistischen Regimes durch den SED-Staat wurde zwar als eines der politisch wichtigsten Ziele proklamiert. Doch die Wirklichkeit sah anders aus. Schon seit Beendigung des zweiten Weltkrieges gehorchte die Aufarbeitung der deutschen Geschichte in der SBZ vor allem politischem Kalkül und hatte wenig mit ehrlicher Vergangenheitsbewältigung zu tun. Die politischen Fronten im aufkommenden Kalten Krieg waren verhärtet. Die Machthaber der späteren DDR definierten sich selbst als Gewinner der Geschichte und schufen für die gesamte DDR den „Mythos Antifaschismus“. Dem 1950 gegründeten MfS als Exekutive der SED war dabei jedes Mittel recht. Die personelle Realität in der DDR war keineswegs antifaschistisch. Diese Tatsache realisierte das MfS auf perfide Art. Altnazis und Kriegsverbrecher wurden zum Teil in die neue Gesellschaft integriert, bzw. gezwungen als inoffizielle Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit zu arbeiten. Ebenso sammelte das MfS Daten und Akten über Altnazis, die im Westteil Deutschlands lebten, um sie ebenso mit ihrer Geschichte erpressbar zu machen. Hinzu kam eine Nichtthematisierung des Holocaust, gefördert durch den aufkommenden Antizionismus in der Sowjetunion, der letztlich seine Wurzeln im Antisemitismus hatte. Und auch dieser Antizionismus traf ungebremst den Nerv der ostdeutschen Bevölkerung. Der moralische Anspruch, der nach dem zweiten Weltkrieg bzgl. der Aufarbeitung des NS-Regimes in der DDR propagiert wurde und in dem Begriff „Antifaschismus“ Niederschlag fand, blieb weit hinter politischen Realität zurück. Antifaschismus in der DDR gründete sich auf dem Weltbild derjenigen Kommunisten, die ihre Erfahrungen in der Auseinandersetzung mit den Nationalsozialisten in den frühen 30er Jahren des letzten Jahrhunderts sammelten. Politische Schulung erfuhren diese Kommunisten im Exil in Moskau. Antifaschismus war gleich zu setzen mit kommunistischem Widerstand. Der Holocaust, Euthanasie, die Verfolgung Andersdenkender durch das NS-Regime galt lediglich als eine Begleiterscheinung. Daraus folgte nach Zerschlagung der nationalsozialistischen Diktatur ein Allmachtsanspruch der Gruppe Ulbricht, die durch die Sowjetunion ihre politische Legitimation fand. Antifaschismus bedeutete kommunistischer Antifaschismus. Eine Differenzierung dieses Begriffs war nicht gewünscht und wurde sogar verhindert. Die Dokumentation geht der Frage nach, ob der vom SED-Staat proklamierte Antifaschismus in der DDR als ideologisches Selbstverständnis und politische Legitimation mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit übereinstimmte. An Hand von konkreten Fallbeispielen und neuster wissenschaftlicher Erkenntnisse dokumentiert der Film, wie sich im Brennspiegel des Kalten Krieges die Entnazifizierung in der SBZ und DDR, die Integration von Alt-Nazikadern und deren politische Instrumentalisierung zwischen Ende des Zweiten Weltkrieges bis nach dem Mauerbau 1961 vollzogen. Hauptanliegen der Dokumentation ist es hierbei vor allem, die Verstickung des MfS bei der Instrumentalisierung alter NS-Kader zu rekonstruieren. Der instrumentelle Charakter der antifaschistischen Politik in der DDR (SBZ) wird so durch die Filmdokumentation herausgestellt. Ausgehend von 1945 beleuchtet der Film die alliierte Strafverfolgung, die sich daran anschließende Internierung und Entnazifizierung, bis hin zu den Waldheimer Prozessen, die 1950 stattfanden. Ab 1950, mit der Entkopplung der persönlichen Schuld von der kollektiven, beginnt die stille Integration von Altnazis in die Gesellschaft der DDR. Die Waldheimer Prozesse und die sich daran anschließenden Wellen von Amnestien, Strafaussetzungen und Gnadenserweisungen stellen diesen Wendephase dar. Der Film untersucht diese Vorgänge im Wechselspiel der Systeme – der beiden deutschen Staaten.

Der Film ist eine Produktion von armadaFILM, gefördert mit Mitteln der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur im Auftrag des Rundfunk Berlin-Brandenburg.

CREDITS

Autor: ANDREAS KUNO RICHTER
Kamera: TOM FRANKE
Ton: STEPHAN SCHÖBEL
Aufnahmenleitung: JEANNETTE BATZ
Schnitt: DAVID RAUSCHNING
Fachberatung: DR. HENNING PIETZSCH
Musik: LOS BANDITOS
Sprecherin: HANSI JOCHMANN
Tonmischung: SVEN PIESKER
Redaktion Stiftung Aufarbeitung: DR. SABINE KUDER
Redaktion rbb: JENS STUBENRAUCH
Produktion rbb: RAINER BAUMERT
Regie & Produktion: TOM FRANKE

Die DVD mit umfangreichen Begleitmaterial gibt es hier.